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Wer nicht gelegentlich auch einmal kausalwidrige Dinge zu denken vermag,
wird seine Wissenschaft nie um eine neue Idee bereichern können.

Max Planck

Von Gartenzwergen und großen Koffern – Das Knirps Theater spielt auf Französisch

Eigentlich will Jutta nur Urlaub machen. Korsika soll es sein. Berge, blauer Himmel, weiße Strände und das Meer. Einfach mal die Seele baumeln lassen, die Insel so richtig kennen lernen, am besten mit dem Rad. Und ein Souvenir, das hat sie auch schon: einen Gartenzwerg. Aber nicht irgendeinen, sondern Zinedine Zidane, einen Fußballgott im Miniaturformat! Doch weit kommt sie damit nicht. Kaum hat sie korsischen Boden betreten, ist ihr Fahrrad weg! Volé. Geklaut. Dafür thront da jetzt ein großer Koffer mit einem Aufkleber. „FNLJ“ steht darauf mit großen Lettern. Die korsische Befreiungsfront? Ein geplantes Attentat? Droht Ungemach? Jutta versteht die Welt nicht mehr. Dass für sie und unsere Französischlerner jetzt eine spannende Odyssee durch halb Frankreich folgt, kann sie kaum erahnen. So rafft sie ihr kleines Schulfranzösisch zusammen und fragt sich munter durch. „Est-ce que quelqu’un a vu mon vélo? Hat jemand mein Fahrrad gesehen?“. Mais non, nichts habe man gesehen, keine Spur. Kopfschütteln im Bistro und bei der Gendarmerie. Mais la Corseest belle, n’est-cepas? Na ja, für die Schönheiten der Insel hat Jutta nun kein Auge mehr. Was tun? Nach Marseille, so sagt man ihr, solle sie fahren. Da wisse man mehr. Doch in der Multikultimetropole am Mittelmeer kommt sie nicht weit. Der coole Schnorrer am Bahnhof St. Charles versteht sie einfach nicht. „Fahrrad?“. Klingt komisch, irgendwie arabisch, meint er erstaunt. Ob sie nicht lieber einen Euro hätte, will er wissen. Da schrillt das Telefon. Nach Besançon, in den Norden, müsse sie nun. Dort, auf der Place Victor Hugo, wolle man den Koffer gegen das Fahrrad tauschen. Gesagt, getan! Und als Jutta dann endlich ihr Fahrrad in den Händen hält, klärt sich auch, was es mit der Aufschrift auf dem Koffer auf sich hat. „Front National de la Libération des Nains des Jardins“. Erleichterung macht sich breit, und der interkulturelle Nebel lichtet sich. „Nationale Front zur Befreiung der Gartenzwerge“. Eigentlich, so könnte man denken, ein eher deutsches Problem. Jutta jedenfalls muss sich nun überlegen, wohin mit ihrem Zidane.

Interessiert lauschten unsere Französischschüler der Klassen 7, 8 und 9 diesem deutsch-französischen Roadmovie, und das über fast 90 Minuten. Dass sie dabei alles verstehen, liegt an den geschickt gestalteten Dialogen der beiden Schauspieler: Einfache Wörter, kurze Hauptsätze und immer wieder dieses typische Echo aus Deutsch und Französisch, das Unklarheiten gar nicht erst aufkommen lässt. Kein Wunder, dass sie sich schließlich selbst mal auf die Bühne wagen und im Café ein paar Bestellungen aufgeben: „Uncoca, s’ilvousplaît!“. Und das, maisoui, man hört es und staunt, klappt schon erstaunlich gut. Französisch kann so einfach sein! Und Gartenzwerge, so viel ist klar, die gibt es auch jenseits des Rheins!

Text: Michael Heuer, StD

Bilder: Yurij Novytskyy

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